A / Angizia / Kapitel III: Halbe Wahrheit, Schemelglanz und Totenlichter
"Es war das Weiß der Schwäne, so rein und sterbensbang, man sah's wie Engel am Friedensbogen schimmern, nicht wie Fahnen, die sich vom Winde verdrehen ließen, Schwäne sind diese furchtsamen Kinder, sie winken nicht wie sie singen, Schwäne sind diese weinenden Gesichter, der Trauer wollen sie gefallen..."
...Aus einem Briefe Lavaters, kurz vor seinem Tod
3, Aufzug im Stück. Verändertes Bühnenbild. Szene am Tümpel. 2 Schemel zieren die Holzbühne
So stoisch meine Äpfel kunden, dies Liebreiz ich fand hold in trunknen Lettern aufgeschrieben, Geschöpf' so bleich dem Wolkenzelte wir Bübchen reihten in Gedichten, als statt der Sonne tanzt' im See zwei federn' Kinder, vorwärts schleichend, ob der tiefen Augen, trüb und offen weinend...Als Freundes Wort dies Teich uns nannt', und bleich manch Trän' der unsren Wangenrücken trocknet, welch Stoß in unsrem Kleid geboren, wir bedacht des Tümpelschimmers diese Schemel jener Stube doch verschleppten...
Konstanz und Lavater mit langen, rotten Bärten, Lavater als "Maler"
Lavater: "Welch Skizze ich gezeichnet, dies süßer Augenschein im Bildnis des Fewässers trocken... ein hüpfendes Laternchen, welch gräfliches Geschlecht, welch zarter federn' Wasserdrach' als knistend' hold Geschoß taucht ein in Weihers blauem Rauche weichend? Konstanz, mein werter Vetter, welch Träne ward vergossen, daß statt der Lurch' und zottigen Genossen ein Schwanenvogel uns vor Augen, als stummer Treiber er wirft Flämmchen in dies verfeuchten Tümpeldochte, wie bloß des Mondes eigen' Scheine, die Skizze meiner zierend!"
Konstanz: "Mein gnädiger Herr, zu laut der Euren Worte, fast hold der Eifer Eurer Hand, manch Trän' ward Euch gewiß vergossen, doch Farben Eures Blattes wegen, dies Licht verschluckt' des federn' Kindes bleiche Majestät...So schminkt sie bloß mit Wachs und Schuh', Scheltwort Ihr ins Gesichte werdet schlagen, denkt schon ans winkende Kindlein, dem blutenden Fleisch, so bleibend dem Spiegel Eures Vogels gleich! So zeigt her Euer Bildlein, den schwänernen Leibe so weiß wie manch Flock' vom Schnee, dies Grabes' Verbleib verwühlt in spitz' Dornen Einsamkeit... Fürwahr! Du Namenlose Todesqual, niemals Geschöpf der unsren gleich Ihr habt getäuscht mit schlechtgebahntem Pfade, und Schemel, dieses hölzern' Trumm, wir zerrten aus den Kammern...niemals so runde Äpfel micht herzt' zu Tränen nah', aber ertrank nicht einst ein Trauermäntlein im Seufzer jenes Tümpelgrabes...?"
Lavater: "Es ward 'ner andrer Zeit bestimmt, ein Blütenkränzlein ob der blanken, steilen Eiseszapfen mir tat ein tierisch Blicklein in mein verweintes Aug, geschweige bloß, mein Freundes Leid, welch Blutes' Fleisch in Blüten Eurer, gar meines Vogel's Mantel gleich, bloß selbiger Moment erhebt und lischt der Trauerflämmchens rote Abendzeit...Schelmisch wie Kindlein im feurigen Morgenbrande beglückt eines Apfels stereoskopische Sinnlichkeit, vergoldend dies menschlich' Sonnenschein greift aus der Federpracht ein Honigpfützchen in samtgelegte Tümpeldecken, Du süßes Menschlein, dies Liebchen Dir im Augenlichte, welch weißes Herz so bleich und reich an höchst verschwiegnen Sternen, mag glänzen es mit Blumen schöner, wenn ringsum des holden Bürschlein's Schlafe ein Traum verfangen in schneevergrabnen Binsen, dem Schilfe eines toten Lands. O weh, vom Schemel schon entfernt ich sah Euch 'verbannte' Leiber, schläft halbverschlossen Blum' und Kraut, schließt's Apfelleidlein ob der Mannesträn umsonst gequält!"
Konstanz: "Kein Weckruf Eurer Herzensmitte wird finden ihrer unverdrossen, mag sein daß Rufes Hand mag pochen am Holzesgrund der Vogeltür, doch Herzen so verfroren der Grade jenes Winterlebens möcht schlummern wie der holde Jammer ich der Kühle Euch getränkter Augen, Laßt senden uns im Leid der Trauer den Rabenvogel ins Gehölz, wo fern von Schloßestor und Trauerschwelle zwei andre Wasserdrach' im Schaume grüner Spiegel baden, laßt hoffen uns, daß unser Wille siner Suche mag geschehen, wenngleich uns tiefersehnte Herzen nur mehr im Federkleide gleich.
Von ferne tönt' ein Glockenschlag, ziehn' Wolken einsam übern See, der lichte tag der Euren Skizze scheint vergangen, so ist's mein Wille, daß wir Schemel, einst verschleppt' den warmen Kammern, entwenden dieser Greuelstund'. Und mancher in gelehrten Buche sucht Sühnen jenes Schiffleins man verließ wie Stüblein vor dem End des Pendels in der Brust. So kehrt ein mein Kamerad, laßt fliegen unsren Schmerz auf Klängen, und kalte Herzen uns geschwinde heißen einen unwillkomnen Gast..."
Welch Bübchen wir uns nannten, daß ob der Perlen wir verdammten mit Blum' zur tränern' Stund, des Lenzes Zeite schien vergraben in einem weißen Blätterteig...und holde Liedlein unsrer Trauer aufgestanden treulich strotzten zu bemerken, daß all der kühle Waldesgarten kein Leben hielt für Schwanenseel' und Schemel unsrer warmen Dichterluft, so blieb mir einst am Wege meiner, Lavater's Grabe zu besuchen und seines toten Kopfes' Traumz zu stehlen, mit Flügeln eines Lenzenlandes die Klagen schneeballweißer Kameraden zu ertragen. "Du Klage", dacht ich meiner, so spürt' ich auf des Vogels Fund, verkerket in des Eises Kältezelt, zu zweit der ihrer, die dumpfen Äpfel tränverflossen, verfroren in fast milchigem Gewand. Und nahm Lavater's Schemel ich, als ward's von Elfen beigestellt, ließ ändern noch sein Angesicht mit Skizzen jener Stund' und stellt dies hölzern Trumm auf's harte Eis des Tümpelfirmaments. Welch schwül verwöhnte Einsamkeit ich hört' wie jenseits eine Turmuhr schlagen, so schwand ich dann wie Flock vom Stein, dem Raben schon den Rücken zugetragen, blickt kehrt, um jenen Vögeln lebenwohl zu sagen, und stets ein scharlachrotes Lichtlein zu dämmen auf den nackten Dochte. Der Springbrunn' jen' verweintem Kleid, er tat sein armes Schläflein, ganz ähnlich einer fremden Zeit! Ach weh, die matte Eb'ne deises Tümpels, sie schaukelte wie ein Schiff... Teksty umieszczone na naszej stronie są własnością wytwórni, wykonawców, osób mających do nich prawa. |
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